Mit dem Handbike auf dem Mauerweg
Seit neun Jahren wohne ich am Kollwitzplatz im Prenzlauer Berg. Ein quirliges Viertel, allerdings mit einem deutlichen Überhang an Kinderwagen und Kneipen. Letztere führen dazu, das die Kondition leidet. Die Bewegungsmöglichkeiten für Rollstuhlfahrer sind zudem eingeschränkt. Viele Bürgersteige sind seit den 50er Jahren nicht mehr repariert worden und machen eine Spazierfahrt zum Stresstrip.
Ich bin dringend auf regelmäßige Bewegung angewiesen, wenn ich mich nicht völlig blamieren oder auf der Bahn einen Kreislaufkollaps kriegen will. Einmal Jahr fahre ich den Berlin-Marathon mit meinem Handbike. Ich brauche zweimal in der Woche ein regelmäßiges Training auf einer geraden Strecke, auf der bis zu 30km/h erreicht werden kann, ohne Fußgänger zu gefährden. Das bedeutete bisher: Handbike ins Auto packen, zum Kronprinzessinnenweg nach Zehlendorf. Handbike auspacken, 2 Stunden fahren. Einschließlich Rückfahrt, eine Veranstaltung von vier Stunden Dauer.
Kürzlich mit meiner Nachbarin im Aufzug. Ich klage mal wieder über die eingeschränkte Mobilität. Mein Gegenüber schaut mich verständnislos an: „…und was ist mit dem Mauerweg?“ „Mauer…was?“ “ Der Mauerweg!! Fängt 500 m von hier am Mauerpark an und führt 160 Kilometer asphaltiert geradeaus.“ Recht hatte sie und ich hätte auch selbst darauf kommen können…
Das Gespräch ist zwei Wochen her. Gestern bin ich die letzte Etappe von Hennigsdorf nach Staaken gefahren. Ein reiner Erlebnistripp durch einen grünen Gürtel rund um Berlin. Alle paar Hundert Meter muss man innehalten, um sich zu vergegenwärtigen, dass hier früher die Mauer stand und Menschen starben. Allein auf der Bernauer Straße, die quasi vor meiner Haustür liegt, starben zwischen dem 22. und 30. August 1961 drei Menschen beim Sprung aus dem Fenster.
Die erste Tour rund dem Mauerweg bin ich mit Pulsuhr gefahren, um meinen Trainingsrückstand aufzuholen. Beim nächsten Mal werde ich langsamer fahren und Zeit haben für Menschen auf dem Mauerweg.
„Nie für möglich gehalten“-Besuch bei Marianne Buggenhagen
Sieben Goldmedaillen bei Olympischen Spielen, elf Weltmeistertitel, rund 170 nationale Titel. 1994 Sportlerin des Jahres. Das sind die Meilensteine der Sportlerinnenkarriere von Marianne Buggenhagen.
Sie war als Gast angekündigt bei der Talkreihe von Wolfgang Thierse, „Thierse trifft…“ in der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg . Ich las die Stichworte : „DDR, Sportlerin“, ergänzte:“Doping“- und hatte keine Lust mehr. Ich weiß nicht mehr, was den Ausschlag gab. Aber trotz des schönen Wetters, saß ich irgendwann im Saal und hörte zu.
Die Buggenhagen überraschte mich. Sie nahm kein Blatt vor den Mund: „Die Tatsache, dass ich im Rollstuhl sitze, ist nebensächlich. Was mich wirklich einschränkt, ist die Inkontinenz.“ Wer öffentlich solche Sätze sagt, den will ich kennenlernen!
Nach der Veranstaltung sprach ich die unkomplizierte Frau an und bekam prompt einen Termin in ihrem Bernauer Einfamilienhaus. Das Gespräch mit Marianne Buggenhagen folgt in Kürze an dieser Stelle.
Stich ins Herz- die Tötung der Unzumutbaren I
Meine Beschäftigung mit der Abtreibung behinderter Kinder ist chronisch, schmerzhaft und wohl lebenslang. In Berlin besuche ich den Chef einer Klinik, die auch Abtreibungen vornimmt und will wissen, wie er das tut, was er darf. Weiterlesen
Blogwart ist ein Ehrenamt
Es gibt hier Lücken im Logbuch von manchmal fünf, sechs Tagen. Das heißt nicht, dass mir nichts einfällt, im Gegenteil. Nur, mir fehlt die Zeit, täglich Beiträge mit der nötigen Sorgfalt zu verfassen. Bisweilen bin ich auch auf Reisen und abends im Hotel noch bloggen: Och nee, da ist der Absacker an der Bar mir doch näher. So wird es sich künftig auf ein, zwei Blogtage in der Woche einpendeln. Darüber hinaus bieten mir inzwischen Freunde und Kollegen Gastbeiträge an, die ich nach vorheriger Absprache gern veröffentliche.
Tram trouble
Gestern 22.15 Uhr am Alex. Ich will in die Linie 6 Richtung Steinberg steigen. Vor dem Eingang steht eine blonde Mitfünfzigerin in Uniform, offenbar die Fahrerin der Straßenbahn. Ich komme gerade von einem 30 Kilometer Marathon Training vom Mauerweg, bin einigermaßen erschöpft und verschwitzt.
Ich bitte die Frau mich kurz über Eingangsstufe zu schieben. Barsch antwortet sie, das dürfe sie nicht. Die die Rampe sei auch defekt. Ich soll die nächste Bahn nehmen.
Ich schaffe es, mich die an sich kleine Stufe hochzuziehen und postiere mich an der Tür gegenüber dem Eingang. Die Fahrerin steigt ein, baut sich vor mich auf und keift: „Der Rollstuhl gehört auf die andere Seite fahren Sie darüber, sonst fahre ich nicht los.“ Ich bin empört über den Ton und will wissen, warum ich mich in die Eingangstür stellen soll. Sie sagt nichts, dann nur knapp. „fahren Sie rüber.“ Passanten gucken verständnislos. Ich rolle wortlos hinüber. Die Bahn fährt los. Ich kann mich nicht festhalten, werde in den Kurven gefährlich hin und her geschleudert. Ich fahre schließlich auf die andere Seite zurück und stehe vor der Tür zum Fahrerstand. Die Frau hält die Bahn auf freier Strecke an, reißt die Tür ihres Fahrerstandes auf, die gegen meinen Rollstuhl kracht und ruft, den Kopf aus der Tür steckend,
„Fahren sie auf ihren Platz, sonst fahre ich nicht weiter. Ich hole mir einen Zeugen, dass sie sich weigern, meinen Anweisungen folge zu leisten und lasse sie aus der Bahn entfernen.“
Lange Sekunden gucke ich die Frau entgeistert an. Sie blickt starr zurück. Die Umstehenden schweigen. Stillstand. Ich überlege, ob ich eine Eskalation will. Schließlich fahre ich schimpfend, wieder auf den angeblich für den Rollstuhl bestimmten Platz. Sie setzt die Fahrt fort.
Schädelfund -Zusammenhang mit Besuch unwahrscheinlich
Die sardischen Behörden gehen zur Zeit davon aus, dass der vor zwei Wochen in der Nähe von Urzulei gefundene menschliche Schädel zur Leiche des 1978 entführten Ferrari Ingenieurs Giancarlo Bussi gehört. Bussi wurde in der Nähe des heutigen Fundortes aus seiner Wohnung verschleppt und tauchte nie weider auf. Zur Zeit finden DNA-Untersuchungen statt. Mit einem Ergebnis ist jedoch nicht vor Anfang September zu rechnen.
Solidarität mit Zeca Schall
Wer dem in Thüringen ins Visier der NPD geratenen schwarzen CDU-Politiker Zeca Schall eine aufmunternde Nachricht schicken möchte, der kann das unter folgender Adresse tun.
Krüppel kochen- eine Polemik
Es ist doch klar: Behinderung ist nicht abendfüllend!
Entweder jemand ist witzig, spannend, unterhaltsam und klug, oder es ist langweilig!
Ob der Mensch im Rollstuhl sitzt, oder der Arm ab ist, hat mich noch nie länger als zehn Minuten interessiert.-
Zahllose Kochsendungen behelligen den Zuschauer des Deutschen Fernsehens tagaus tagein mit mehr oder weniger nachahmungsfähigen Rezepturen.
Nun wabert eine merkwürdige Melange aus einer Münchner TV-Kantine. Ein Kochformat mit Behinderten.
„Dinner for everyone“ hat es sogar schon promotionfördernd in eine Hamburger Talkshow geschafft.
Volker Westermann, Redakteur und Moderator, lädt einen behinderten und einen nichtbehinderten Gast zum gemeinsamen Kochen ein. Im Vordergrund steht allerdings nicht Kulinarisches, sondern das bemühte Gespräch rund um das Thema Behinderung.
Die Gästeliste: die Sozialpädagogen-Fraktion unter den B-Promis. Gildo Horn, Bettina Tietjen und zuletzt der Altmeister der medialen Altenpflege, Alfred Biolek.
Westermann manscht im Nußeckenteig. Horn, die Mutter bei der Lebenshilfe, betulich: „Darf ich mal was fragen.“
Statt schrill und frech zu unterhalten, kopiert das Format die Unsitten des zum Glück untergegangenen Aufklärungsfernsehens und wirkt sehr daneben , wenn die contergangeschädigte Dressurreiterin Bianca Vogel erzählt, wie sie zu Hause so kocht. Nämlich kaum. Die „Mutter wohnt nebenan“.
Sie schneidet die Kartoffeln und nimmt, mangels Arm, den Kopf zur Hilfe, eine gewagte Großaufnahme. Immerhin!
Doch wo ist die Spannung, wo der Witz von Bildern, die das besondere zeigen, aber im Dialog dauernd behaupten, es sei selbstverständlich.
Man kann Behinderung nicht schön zeigen, sagt eine Moderatoren aus dem Ansager-Pool der Münchner Arbeitsgemeinschaft Behinderung und Medien e.V., die das Stück produziert. Sie führt das als Grund an, warum sowenig Behinderte auf dem Schirm zu sehen sind. Das mag sein. Aber was soll die arme Bettina Tietjen wohl auf die Frage antworten, ob sie sich vorstellen könne, mit einem behinderten Moderator zu arbeiten? Etwa: Nein! ?
So ersäuft die Sendung in einer sämigen Soße aus Gutmenschentum.
„Menschen mit Behinderung“ wie die Protagonisten Ihresgleichen weichspülend nennen, unter sich! Die Kochplatte als Katalysator der Integration. Sie bleibt kalt.
Wenn ich eine Kochsendung einschalte, will ich kreatives Kochen sehen und nicht Fingerfood von Armlosen
Das Beste an dieser faden Veranstaltung ist der Trailer. Volker Westermann ist ein schelmischer, witziger Typ, der sein Potential überhaupt nicht ausspielt. Es ist ihm ein Autor zu wünschen, der ihm eine schwarze comedy auf seinen Leib schreibt.
„Gut gemeint ist das Gegenteil von gut“, sagt Westermann an einer Stelle. Recht hat er. Mehr Pfeffer bitte, viel mehr!
Sendung: Deutsches Sportfernsehen (DSF) zweimonatlich oder http://www.youtube.com/watch?v=a6r6qtTgw8w
Kontrastprogramm
Der stand up Comedian Martin Fromme ist einer der Protagonisten der Para Comedy, die auf dem Kanal Comedy Central ausgestrahlt wird. Fromme: „Die Sendung funktioniert nach dem Prinzip der versteckten Kamera. Behinderte werden in skurrile Situationen gebracht. Ein Blinder sucht zum Beispiel eine bestimmte Straße und fragt einen Passanten. Der beugt sich dann herunter und erklärte dem Blindenhund den Weg.“
Ein paar Kostproben:
http://www.comedycentral.de/index.php/Video/Detail/vid/283311/playerMode/fullscreen
http://www.dailymotion.com/video/x18upq_paracomedy-der-parteivorsitzende_fun
http://www.dailymotion.com/related/x18upq/video/x18ujo_paracomedy-der-playboy_fun
http://www.dailymotion.com/related/x18upq/video/x188ly_paracomedy-der-sklave_fun
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